Brandstifter bei der Feuerwehr

Es passt leider in die Zeit – und ist ein klassischer Fall für eine Wiedervorlage: Gut ein Jahr ist es her, dass der damalige Chef des Deutschen Feuerwehr Verbands, Hartmut Ziebs, seine Kameraden vor rechtsnationalen Tendenzen und Zusammenarbeit mit der AfD gewarnt hatte. Nach monatelanger Schlammschlacht musste er im Dezember 2019 zurücktreten. Jetzt lud die Thüringer Feuerwehr ausgerechnet einen der schlimmsten politischen Brandstifter, Thüringens AfD-Chef Björn Höcke, zu ihrer Verbandsversammlung in Erfurt ein.

Der Thüringer AfD-Chef Björn Höcke spricht am 26. September 2020 in Erfurt vor der Verbandsversammlung des Thüringer Feuerwehr-Verbandes – und postet dieses Foto stolz auf Instagram

Höcke machte seinen Fünf-Minuten-Auftritt vor den Feuerwehrleuten selbst publik, postete stolz ein Foto auf „Instagram“ und schrieb dazu: „…In meinem Grußwort habe ich deutlich gemacht, daß wir als AfD-Fraktion fest an der Seite der Feuerwehren stehen. …“.

Aber sollte die Feuerwehr sich darüber freuen, dass die AfD fest an ihrer Seite steht? Der geschasste Feuerwehr-Chef Ziebs hatte dringend davor gewarnt: „Die teilweise rechtsnationalen Tendenzen bei der AfD sind eine Gefahr für die Demokratie. Es wäre dramatisch, wenn die Feuerwehr da reinrutscht“, hatte Ziebs Anfang September 2019 in einem Gespräch mit der „Lausitzer Rundschau“ gewarnt. Wie viele befürchtete auch Ziebs eine Unterwanderung zivilgesellschaftlicher Organisationen durch die AfD und sagte: „Die AfD macht das sehr geschickt.“ Als Beispiel nannte er einen Feuerwehr-Kollegen aus Rheinland-Pfalz, der eine Empfehlung an seine Kameraden ausgesprochen habe: „Wenn ihr Geld braucht, wendet Euch an die AfD.“ Der bestritt das, setzte einen Shitstorm gegen seinen Verbandspräsidenten in Gang, der zum Ende des Jahres 2019 zurücktrat.

Hartmut Ziebs warnte eindringlich vor Einflussnahme der AfD, musste nach einer Schlammschlacht Ende 2019 von seinem Amt als Präsident des Deutschen Feuerwehrverbandes zurücktreten – Foto: Katrin Neuhauser/Deutscher Feuerwehrverband

Wie recht Ziebs mit seiner Warnung hatte und hat, belegen Strategiepapiere der AfD. Schon zur Bundestagswahl 2017 wurde ein vertrauliches „AfD-Manifest – Die Strategie für das Wahljahr 2017“ publik, in dem es u.a. heißt: „… Dennoch ist die Verbandsarbeit und die Vorfeldarbeit für die AfD wichtig, um die AfD in der Mitte der Gesellschaft zu verankern und Zugang zu Expertenwissen zu erlangen. … AfD-Mitglieder müssen zudem ermutigt werden, in Vereinen mitzuwirken oder ihre Vereinsmitgliedschaft diskret, aber bewusst für die AfD zu nutzen.“

Im November 2019 – der Konflikt um Feuerwehr-Chef Ziebs näherte sich seinem Höhepunkt – berichtete der „Tagesspiegel“ über ein weiteres internes Strategiepapier des AfD-Bundesvorstands mit dem Titel: „Strategie 2019 bis 2025: Die AfD auf dem Weg zur Volkspartei“. Auch hier wird die Verankerung in der Gesellschaft als strategisches Ziel ausgegeben: „Ähnlich wie es der 68er-Bewegung um einen ,Marsch durch die Institutionen‘ ging, muss es auch der AfD um den ,Marsch durch die Organisationen‘ gehen“. Genannt werden Organisationen mit einer bundesweiten Reichweite und hoher Mitgliederzahl sowie kleinere Organisationen mit einem Thema, das besonders AfD-affin sei. Da passt ein schneidiger Höcke-Auftritt bei der Feuerwehr wie die Faust aufs Auge.

Die Feuerwehr-Funktionäre in Erfurt – Foto: Thüringer Feuerwehr-Verband

Dass das Grußwort von Höcke als Provokation verstanden werden kann, ist den Verantwortlichen offenbar bewusst. In seinem Bericht über die 92. Verbandsversammlung in Erfurt verschweigt der Thüringer Feuerwehr-Verband die Grüße vom Brandstifter einfach. Lediglich das Grußwort des Thüringer Ministerpräsidenten Bodo Ramelow findet Erwähnung. Kein Wort über Höcke. Die „Bild“-Zeitung zitiert den neuen Thüringer Feuerwehr-Chef Karsten Utterodt mit den Worten: „Wir beraten, wie wir künftig mit dem Thema Höcke umgehen. Einen solchen Auftritt werden wir uns nicht nochmal antun.“ Und der stellvertretende Geschäftsführer des Deutschen Feuerwehr Verbands sagt dort: „Wir dürfen Extremisten keine Bühne geben.“

3 Antworten

  1. Lieber Herr Streiter,

    ich lese Sie schon eine Weile still mit und bin froh, Ihren Blog gefunden zu haben (via Bildblog). Ich mag die Sachlichkeit Ihrer Beiträge und die Kompetenz hinter dem Geschriebenen. Vielen Dank dafür.

    2006 bin ich aus Deutschland, präzise aus Erfurt, nach Dänemark ausgewandert. Schon damals war rechtes Gedankengut bei vielen Leuten längst salonfähig und das Vertrauen in die etablierte Politik minimal. Vor allem jene, die sich selbst als „arbeitende Bevölkerung“ deklarieren, nutzen oft rechte Parolen.

    Passierte das 2006 noch hinter vorgehaltener Hand oder nach dem Genuss von Alkohol, scheint heute bei politischen Diskussionen im privaten Umfeld ein Wettbewerb ausgerufen zu sein, wer am reaktionärsten „argumentiert“.

    Ich reise regelmäßig ein bis zweimal im Jahr nach Deutschland. Da geht es mir dann mit den rechten Umtrieben/Aussagen immer so, wie es einem geht, wenn man ein Kind oder Welpen kennt, aber eine Weile nicht gesehen hat. Man ist dann immer erstaunt, wie sehr sie wieder gewachsen sind.

    Es wundert mich überhaupt nicht, dass Björn Höcke zu so einer Veranstaltung eingeladen wurde, dort sprechen durfte und nichts davon berichtet wurde, dass deshalb jemand den Saal verlassen hätte.

    Einmal, in den Jahren seit meinem Weggang, war ich zu Besuch und da, wo ich war, war gerade ein Fest von der freiwilligen Feuerwehr. Ich durfte mit und an und für sich war es ganz nett, wie solche Feste eben sind. Aber in so mancher der einzelnen kommunikativen Runden wurden Dinge unwidersprochen gesagt, die menschenverachtender nicht hätten sein können.

    Da dachte ich so bei mir: Wenn ich dem jetzt, so als Außenstehender Hilfsdäne, widerspräche und meine gänzlich andere Haltung zum Thema (es ging um Flüchtlinge) offenbarte, was würde, außer der Häme und dem Ende der Diskussion noch passieren? Würden die mich noch, im Falle ich hätte einen Unfall, genau so ordentlich bergen, wie jemanden aus „ihren Reihen“?

    Okay, das sind professionelle Leute und bestimmt würden sie das Eine vom Anderen abstrahieren. Jedenfalls heute noch. Aber was ist in drei, vier, fünf Jahren? Wenn die geistige und ethische Vergiftung durch den Hass vorangeschritten ist? Das es so kommen wird, wissen wir aus den Geschichtsbüchern.

    So gesehen ist Höcke extrem erfolgreich. Die Scheren in den Köpfen sind installiert. Bei den Einen, die ihm nutzen und den Anderen, die nicht mit ihm konform sind. Auf beiden Seiten verändert sich das Verhalten und alle Fronten verhärten sich. Divide et impera…

    Das Gute im Schlechten ist vielleicht, wie sich die AfD gerade an mehreren Baustellen selbst demaskiert. Auch die unterliegen den „allgemeinen Gesetzen der Glaubwürdigkeit“. Unser Glück ist, dass es da einige Köpfe gibt, die in die – für sie gefühlt greifbare – Macht verliebt sind. Das sorgt regelmäßig für Kratzer im Lack und einige Beulen.

    Am meisten Sorgen bereitet mir, wenn Angela Merkel ihr Amt beendet. Ich kann weit und breit keine KandidatInnen ausmachen, die ihr das Wasser reichen könnten. Aber vielleicht wächst der- oder diejenige ja auch mit dem Amt. Hauptsache aber ist, dass er oder sie die Demokratie verteidigt. Vor allem auch gegen die Rechten. Diese Hoffnung gebe ich nicht auf.

    Haben Sie einen schönen Tag!

  2. DAS ist NICHT die Thüringer Feuerwehr!

    Dies ist der Dachverband einer Reihe von sogenannten FeuerwehrVereinen. Feuerwehrvereine sind private Institutionen und keine kommunale Einrichtung!

    Ebenso ist der DFV keine Feuerwehr, sondern der Dachverband der Landesverbände!

    Bitte recherchieren Sie Ihren Beitrag besser!

    1. Nein aber die Vertreter der Feuerwehren in Thüringen und der große Teil fast der Anwesenden ist vermutlich in einer Führungsposition in einer örtlichen Feuerwehr oder Keis

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Kategorien

Newsletter

Newsletter abonnieren und keinen Beitrag mehr verpassen!

Newsletter

Keine Beiträge mehr verpassen!

Sie können sich jederzeit abmelden, indem Sie auf den Link in der Fußzeile der E-Mails klicken.