Mathias Döpfner: Knallhart-Ansage an „Bild“

Man muss Mathias Döpfner nicht mögen, aber selbst der erbittertste Gegner wird ehrlicherweise anerkennen müssen: Im milliardenschweren Springer-Chef schlägt immer noch ein Journalisten-Herz. Öffentlich mischt er sich so gut wie nie in die Arbeit von „Bild“-Chefredakteur Julian Reichelt ein. Deswegen ist es umso bemerkenswerter, dass er am 18. Dezember 2020 eigenhändig den „Bild“-Kommentar geschrieben und dabei „Bild“ deutlich zurechtgewiesen hat. Der Sprachbaukasten von „Bild“ bietet für diesen ziemlich einmaligen Vorgang die Worte „pikant“ oder „abwatschen“ an. Ich wähle aus der neuen „Bild“-Krawall-Kollektion 2020 das Modewort „knallhart“ in der Version „Knallhart-Ansage“.

Seit 68 Jahren steht die „Bild“-Zeitung für Bilder zum Hingucken und kurze Texte zum schnellen Lesen und Verstehen. Das macht sie so einzigartig erfolgreich. Der Kommentar auf Seite 2 hat seit Jahrzehnten eine Textlänge von ca. 25 Zeilen à 28 Anschlägen, also 700 Zeichen. Mehr braucht man auch nicht, um eine Meinung aufzuschreiben, die beim Leser zum Kopfnicken oder Kopfschütteln führt.

Seit Julian Reichelt „Bild“ anführt, hat sich das geändert. Er fällt nicht nur durch enormen Tatendrang, Selbstüberschätzung und herabgesetzte Kritikfähigkeit auf, sondern besonders durch starken Redefluss, der sich auch als Schreibdrang zeigt. So kommt es, dass „Bild“-Kommentare von Julian Reichelt oft nur dann noch in eine Textspalte eingepasst werden können, wenn man die Schrift ein bisschen verkleinert. Und noch ein bisschen. Sein Ziehsohn Filipp Piatov hat bei seinem Ziehvater abgeguckt und wurde konsequenterweise im Januar zum „Ressortleiter Meinung“ befördert.

Am Montag (14.12.2020) erschien in „Bild“ ein endlos langer Kommentar „Das meint  BILD“ mit dem Titel „DAS sind die schwersten Fehler der Corona-Politik!“ Eine nicht enden wollende Anklage der „deutschen Politik“ in fünf langen Punkten. Schuldzuweisungen an Politiker jeglicher Couleur auf allen Ebenen – endend mit der trostlosen Schlussfolgerung: „Vollkommene Perspektivlosigkeit für das nächste Jahr.“

Dieser Kommentar hat Springer-Chef Mathias Döpfner ganz offensichtlich nicht gefallen. Vermutlich sogar sehr missfallen. Sein Journalisten-Herz scheint auf 180 gewesen zu sein.

Vier Tage später, am 18.12.2020, wies Döpfner seinen „Bild“-Chef Reichelt zurecht und zeigte ihm, wie Boulevard-Journalismus geht: Kurz und hart. Sein Kommentar „Woran wir Politiker messen sollten“ räumt in den ersten zwei Sätzen mit allem auf, womit „Bild“ in den letzten Monaten um Aufmerksamkeit gebettelt hat:

„Die“ Politik kann gegen Seuchen wie Corona wenig tun. Deswegen sind generelle Schuldzuweisungen an Politiker Quatsch.

Dann nennt er im Telegramm-Stil noch drei Punkte, die Politiker beeinflussen können (Masken, Schnelltests, Impfen) und fordert die Leser auf: „Bitte messen Sie selbst!“

Wäre Döpfner nicht der Chef von Axel Springer und nicht auf die Millionen-Gewinne von „Bild“ angewiesen, hätte er vielleicht sogar formuliert: Lasst Euch von „Bild“ nicht die „Bild“-Meinung aufschwatzen, sondern bildet Euch Eure eigene Meinung.

Dass Döpfner das journalistische immer noch und mittlerweile auch das Boulevard-Handwerk beherrscht, kann man auch daran erkennen, dass er für seinen klaren Kommentar 81 Wörter brauchte. Das Gejammere von „Bild“ war mit 380 Wörtern fast fünfmal so lang.

Altersgemäß fällt mir eines der vielen Zitate von Heinz Erhardt ein: „Man macht gewöhnlich viele Worte, wenn man nichts zu sagen hat.“

Und ja: Auch dieser Text ist eindeutig zu lang!

14 Antworten

  1. An Politiker kann keine Schuld zugewiesen werden. Solange er (sie) nicht Trump heiß. Dann ist das sogar „Massenmörder“ als angebracht gilt.

  2. Ja, die Sabbelei war zu viel, und kaum einer wird wohl bis Ende durchgehalten haben. Jedenfalls ist Würze immer mit Kürze assoziiert und muß auf die Händlerschürze passen. Pepe stand auf „Tupfer“, knapp & knackig.ADS ist auch ne Seuche.

  3. Stilistisch haben Sie recht. Kurz & knapp. Das wirkt.

    Inhaltlich schreibt Döpfner aber Müll. Impfen mit diesem heiß gestrickten Impfstoff, das ist gemeingefährlich.

    Da Sie leider kein Französisch verstehen, sollten Sie jemanden finden, der Ihnen das Interview von Nobelpreisträger Prof. Luc Montagnier (88) bei France Soir übersetzt.

    https://youtu.be/08CAfBz5qws

    In der Kurzfassung: Nie würde er sich mit dem Impfstoff von Pfizer/BionTech impfen lassen. Viel zu gefährlich, da die langfristigen Nebenwirkungen verheerend sein könnten.

    Bonnes fêtes ! Frohe Weihnachten!

    1. Ich sehe das völlig anders als Sie, aber sei’s drum. Bitte, bitte, bitte keine Impf-Debatte hier auf meinem Blog. Das ist nicht mein Thema. Sollte das hier skalieren, werde ich es stoppen. Frohe Weihnachten 😉

  4. Der Engländer würde sagen: Interesting. Als es im Frühjahr für Deutschland gut lief, konnten sich die Politiker gar nicht genug mit Selbstlob überhäufen. Und Trump war natürlich der Trottel, der nichts auf die Reihe kriegt. Mir fehlt jedes Verständnis für das Appeasement der Medien an die Politik. Reichelt hat recht.

  5. Ihre Deutung des Döpfner-Kommentars ist als mehr als eigenwillig zu charakterisieren. Das Reichelt-Bashing scheint in Mode zu sein, im Besonderen von ausgedienten Boulevard-Rentnern wie Ihnen. Schaut man sich die Doku an, sieht man einen Instinktinvestigativreporter mit dem Riecher für die richtigen Themen. Schmeckt anscheinend im Besonderen denen nicht, die am Spielfeldrand stehen. Schade!

  6. Auf den Punkt gebracht. JR macht billigen Boulevard (fast) nie mit Substanz. Auch unter Kai Diekmann war’s auch bisweilen wild, aber (fast) immer mit Substanz.

  7. Wenn man wichtige und komplexe Dinge in relevanten Sachzusammenhängen eindeutig erklären will, lässt sich das meist in wenigen Sätzen nicht verständlich genug vermitteln. Vor allem, wenn dem Gegenüber die erforderliche Fachkenntnis fehlt. Ansonsten ist es nur eine unbelegte Behauptung, die auch nicht unbedingt stimmen muss.

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