Dubioser Deal mit ausgeplünderter Firma

Wenn man beim Gebrauchtwagenhändler einen chicen Sportwagen kauft, muss man dem Händler vertrauen können und an die zugesicherten Eigenschaften des Wagens glauben: scheckheftgepflegt, unfallfrei, TÜV. Stellt sich dann das angebliche Sahnestück als zusammenflickter Schrottwagen heraus, wird Schadenersatz fällig. Nicht anders verhält es sich in der Welt der Wirtschaft – nur geht es dann schnell um Millionenbeträge. In dem hier beschriebenen Fall steht die deutsche Niederlassung des amerikanischen Investment „Lindsay Goldberg“ unter Druck. Der Vorwurf: „Lindsay Goldberg“ soll der österreichischen „B&C Privatstiftung“ für 300 Millionen Euro ein angebliches Top-Unternehmen verkauft haben, das von Skandalen geschüttelt wird. Es geht um Bilanzfälschungen und Untreue, Luxus-Apartments und Größenwahn.

Die Geschichte hat für mich auch deshalb einen gewissen Unterhaltungswert, weil ich gerade beruflich in anderer Sache viel in Wien unterwegs bin. Und dabei habe ich auch gelernt, dass dieser Hinweis ganz wichtig ist: Es gilt die Unschuldsvermutung!

Im Zentrum steht der österreichische Verpackungsmittelhersteller „Schur Flexibles Holding“. Das mittelständische Unternehmen ist einer der führenden Hersteller von Verpackungsfolien und passte ins Portfolio des US-Investmentskonzerns „Lindsay Goldberg“, der u.a. für die Pensionskasse von Kalifornien „Calpers“ ständig nach guten Investments sucht.

Die Firmenzentrale von „Schur Flexibles“ in Wien – Foto: Screenshot Google Maps

2016 kaufte „Lindsay Goldberg“ die österreichische Verpackungsfirma. Schon fünf Jahre danach, im Mai 2021, verkaufte „Lindsay Goldberg“ plötzlich 80 Prozent der Anteile von „Schur“ an die österreichische Industrie-Holding „B&C“ für rund 300 Millionen Euro.

Die beiderseitige Freude war aber schnell zuende, denn es stellte sich heraus, dass „Schur“ vom eigenen CEO und dem Finanzchef offenbar ausgeplündert worden war. Hinweise auf massive Compliance-Verstöße führten zu einer internen Untersuchung, die massiven Betrug und Untreue zutage förderten. Der Firmenchef und sein Finanzchef ließen es auf Firmenkosten offenbar ordentlich krachen. Insgesamt 12 Millionen Euro sollen sie zu Lasten ihrer eigenen Firma verballert haben.

Interne Akten von „Schur“ beschreiben, wie die beiden Top-Manager für ein Scheinprojekt namens „Green“ hohe Beträge aus dem Firmenvermögen abzweigten. Sie sollen zwei Luxusappartements in London nur einen Steinwurf vom Hyde Park entfernt angemietet haben. Im super-luxuriösen Mayfair House. Miete: Drei Millionen Euro pro Jahr – plus eine Million für eine standesgemäße Inneneinrichtung. Die beiden Manager sollen sich auf Firmenkosten mehrere hochgerüstete Spiele-Computer gekauft haben, dazu Modeartikel und Schmuck. Auch für abgerechnete Flüge mit Privatjets habe es keinerlei dienstlichen Hintergrund gegeben, ermittelten die Prüfer. Schon gar nicht für einen Familientrip ins Legoland nach Billund in Dänemark mit Limousinenservice. Vier Millionen Euro landeten auf dem Privatkonto einer der Manager. Auch hier gilt natürlich die Unschuldsvermutung.

2017 berichtete die Times über das Penthouse, das später einer der beiden gefeuerten „Schur“-Manager in London auf Firmenkosten angemietet hat – für knapp 250.000,- Euro Miete. Pro Monat.

Die beiden Manager wurden im Dezember 2021 gefeuert und schließlich eine unbelastete neue Konzernführung etabliert.

Für den Käufer „B&C“ stellt sich – unabhängig von den mutmaßlichen Betrügereien des früheren „Schur“-Managements –  die Frage, ob der Firmen-Verkäufer „Lindsay Goldberg“ in Düsseldorf von den Vorgängen bei „Schur“ etwas wusste und sich zulasten von „B&C“ von einem faulen Ei trennen wollte. Bei „B&C“ sieht man dafür starke Indizien und bereitet wegen des Verdachts des Bilanzbetruges in Wien und Berlin weitere rechtliche Schritte gegen „Lindsay Goldberg“ vor, auch gegen „LG“-Managing Partner Thomas Unger. Der frühere Metro-Finanzvorstand hat offenbar enge persönliche Kontakte zu „Horstl“ Bernegger, Partner der österreichischen Niederlassung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PWC. Die hatte die äußerst positive Bewertung von „Schur“ abgesegnet. „B&C“ fühlt sich jedenfalls sowohl von „Lindsay Goldberg“ wie auch von PWC reingelegt.

Auch „Finance“ (FAZ) und „Business Insider“ haben über den Fall  berichtet.

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