Rot-Rot-Grün und die Blaubeeren von Angela Merkel

Verehrte Leserinnen und Leser, Sie müssen jetzt ganz tapfer sein. Hier erfahren Sie nämlich, dass CDU und CSU im Wahlkampf keineswegs eine verrückte oder abstrakte Bedrohung an die Wand malen, wenn sie im Wahlkampf vor einer Rot-Rot-Grünen Koalition warnen. Eine Regierung aus SPD, Linken und Grünen haben wir nämlich schon, und zwar in der Bundeshauptstadt Berlin. Die meisten Deutschen wohnen da nicht, aber sie sollten nun doch einmal erfahren, was Rot-Rot-Grün in der Praxis bedeutet. Und was das mit Blaubeeren und Angela Merkel zu tun hat. Blaubeeren? Ja!

Seit fünf Jahren regieren hier Michael Müller (SPD), Klaus Lederer (Linke) und Ramona Pop (Grüne) zusammen. Gottseidank merken das die 3,6 Millionen Einwohner nicht täglich. Aber in den Momenten, in denen der Bürger Kontakt mit seinem (Stadt-)Staat aufnehmen muss, stellt er fest: Ich lebe in einer rot-rot-grün regierten Stadt, die ihre grundlegenden Funktionen nicht oder fast nicht erfüllen kann. Geben Sie mal bei Google den Suchbegriff „failed state“ ein – die schlaue Suchmaschine erweitert in der Suchmaske schon beim Tippen des Wortes „failed“ automatisch auf „failed state berlin“. Das ist nicht nur verblüffend, sondern in weiten Teilen leider zutreffend und daher beängstigend.

2016 präsentierten (v.l.) Klaus Lederer (Linke), Michael Müller (SPD) und Ramona Pop(Grüne) ihren rot-rot-grünen Koalitionsvertrag.
Foto: IMAGO / Ulli Winkler

Beispiele? Gern!

Der Bürger als Feind

Wohnung anmelden? Geht nicht! Personalausweis beantragen? Geht  nicht! Heiraten? Geht nicht! Also irgendwann geht es natürlich doch – aber ich z.B. habe seit Februar (!) versucht, einen Termin zur Beantragung eines neuen Personalausweises zu ergattern. Erst am 25. August habe ich einen Termin bekommen, für den 20. Oktober. Da ist mein Personalausweis schon zehn Tage ungültig. Macht ja nichts. Der Termin ist auch nicht in meinem Bürgeramt in Prenzlauer Berg, sondern acht Kilometer weit im Bürgeramt Kreuzberg. Macht ja nichts. Als Berliner freut man sich, überhaupt einen Termin bekommen zu haben.

Immerhin: Seit etwa einem Jahr kann man ein Auto wenigstens online zulassen. Das hat der kluge Rot-Rot-Grün-Senat allerdings erst kurz vor einem Aufstand möglich gemacht: Es gibt nämlich in Berlin nur zwei Kfz-Zulassungsstellen, die hoffnungslos überlastet sind. 2020 berichteten Autohändler von Kunden, die Kaufverträge für gekaufte Neuwagen wieder storniert haben, weil ihr Autohändler ihnen kein zugelassenes Auto liefern konnte.

Das Ausstellen einer Geburtsurkunde dauert in Berlin etwa sechs Wochen. Da bedanken sich frischgebackene Eltern bei Rot-Rot-Grün, weil sie dann noch länger warten müssen, bis sie endlich das dringend benötigte Kindergeld und Erziehungsgeld beantragen können (worauf man natürlich auch wieder warten muss.

Die Verwaltung von Berlin ist unter Rot-Rot-Grün derartig bürgerfeindlich, dass meine Lieblingszeitung „Tagesspiegel“ in ihrem morgendlichen Newsletter „Checkpoint“ extra eine Rubrik „Amt, aber glücklich“ eingeführt hat. Dort dürfen dann Bürger über Einzelfälle melden, in denen mal etwas richtig gut geklappt hat.

Schulen: In Berlin fehlen tausende Lehrer. Tausende Lehrer lassen sich versetzen, weil sie in anderen Ländern verbeamtet werden, in Berlin nicht. Die übrig gebliebenen Lehrer sind zu einem großen Teil gar keine Lehrer, sondern so genannte „Quereinsteiger“. Also freundliche Menschen, die irgendeinen anderen Beruf gelernt haben, aber wenigstens soviel von Mathematik, Deutsch oder Englisch verstehen, dass man ihnen zutraut, ihr Wissen auch an Schulkinder vermitteln zu können.

Die Liste der Fehlleistungen von Rot-Rot-Grün ließe sich bis fast ins Unendliche verlängern. Aber dann käme der neueste Irrsinn zu kurz. Ja, wirklicher Irrsinn:

Der real existierende Irrsinn

Berlin wächst, und es herrscht ein eklatanter Mangel an Wohnungen. Zigtausende Wohnungen werden dringend benötigt. Vor allem Wohnungen, die sich auch Menschen mit geringem Einkommen leisten können.

Und da hatte unser Senat eine tolle Idee: In der vergangenen Woche kaufte Rot-Rot-Grün dem Konzern „Deutsche Wohnen“ insgesamt 14.750 Wohnungen ab, für stolze 2,46 Milliarden Euro.

Dumm nur, dass diese Wohnungen alle in den 1970er und 1980er Jahren gebaut worden sind und dabei auch Asbest verbaut worden ist. Deshalb müssen diese frisch gekauften Wohnungen noch einmal für rund 500 Millionen Euro aufwändig saniert werden. Macht zusammen fast drei Milliarden Mark.

Noch dümmer ist, dass genau diese Wohnungen, die Rot-Rot-Grün vergangene Woche  gekauft hat, bis 2004 schon einmal der Stadt gehört haben. Damals verramschte die damalige Rot-Rote Regierung (SPD und Linke) ihre landeseigene Wohnungsbaugesellschaft GSW mit einem Bestand von 65.000 Wohnungen an Heuschrecken-Investoren und bekam dafür 405 Millionen Euro. Und ja, die Investoren übernahmen auch 1,5 Milliarden Euro Schulden. Berlin hat also – bilanztechnisch etwas unsauber formuliert – 1,9 Milliarden Euro „eingenommen“ damals.

Rot-Rot: 2004 verkauften Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) und Bausenator Harald Wolf (Linke) 65.000 Wohnungen, von denen jetzt 14.750 zurückgekauft werden. – Foto: IMAGO / Christian Ditsch

Wenn wir jetzt Bilanz ziehen, sehen wir den real-sozialistischen Irrsinn der ganzen Chose: Berlin hat 2004 also 1,9 Milliarden Euro für 65.000 Wohnungen bekommen. Jetzt hat Berlin nur ein Fünftel genau dieser Wohnungen zurückgekauft und muss für dieses Fünftel drei Milliarden aufwenden. Dafür hätte man richtig viele neue Wohnungen bauen können, statt alte zu kaufen.

Unterm Strich dieses miesen Geschäfts stehen: Ein Verlust von einer Milliarde Euro und der Verlust von 50.000 Wohnungen. Und nicht etwa mehr Wohnungen, die Berlin so dringend braucht.

Die Bilanz der „Deutsche Wohnen“ sieht da schon besser aus: Beim Kauf 2004 hat sie pro Quadratmeter Wohnfläche etwa 440 Euro bezahlt und heute 2400 Euro zurückbekommen. Mehr als das Fünffache.

Womit wir endlich bei Angela Merkel und den Blaubeeren wären.

Der Blaubeeren-Sozialismus

Die heutige Bundeskanzlerin hatte nämlich schon vor 50/60 Jahren, als junges Mädchen in der DDR, die Sinnhaftigkeit der real-sozialistischen Wirtschaft aus gutem Grund bezweifelt. Mit ihren Schulfreunden sammelte sie eifrig Blaubeeren und brachte sie zur „Handelsgenossenschaft für Obst und Gemüse“. Dort bekam sie für ein Kilo Blaubeeren vier DDR-Mark. Der Staatsbetrieb verkaufte dann die Blaubeeren wieder für – zwei Mark. Weil die Preise staatlich subventioniert waren.

Da wurde ihr zum ersten Mal klar, dass mit dem Sozialismus irgendetwas nicht stimmen kann. Der „Bild am Sonntag“ erzählte sie 2009, wie sie und ihre Freunde daraus ein kleines Geschäft gemacht haben: „Einer hat verkauft, der Zweite ist nach einer Stunde in den Laden und hat gefragt, ob es Blaubeeren gibt. Da hat er dann für zwei Mark das Kilo wieder kaufen können, weil die Blaubeeren vom Staat subventioniert waren.“

Ob Blaubeeren oder Wohnungen, ob DDR oder Rot-Rot-Grün: Den Sozialismus in seinem Lauf, hält weder Ochs noch Esel auf! Aber vielleicht die Wähler. Die sind nämlich meist schlauer als viele denken. Am Sonntag können sie Rot-Rot-Grün relativ leicht verhindern. In Berlin, wo auch Abgeordneenhaus- und Bezirkswahlen stattfinden, ist es schwerer: Dort haben SPD, Linke und Grüne laut Umfragen noch eine deutliche Mehrheit.

Ach ja: Klaus Wowereit, der 2004 die 65.000 Wohnungen verramscht hatte, hält die jetzige Entscheidung, sie teuer zurückzukaufen, für falsch: „Ich bin der Meinung, dass die Milliarden lieber in den Wohnungsbau fließen sollten.“

P.S.: Ich lebe übrigens trotzdem gern in dieser Stadt. Weil die Menschen zwar meist unhöflich, aber dann doch freundlich werden, wenn man angemessen zurückpampt. Ich halte mich von Ämtern und Behörden möglichst fern. Und wenn dann meine letzte Stunde schlägt, kriege ich ja nicht mehr mit, wenn meine Söhne zwei Wochen auf die Sterbeurkunde warten müssen. Da müsst Ihr durch!

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