Wenn fünf redegewandte Menschen in einer Talkshow 45 Minuten lang diskutieren, dann hat rein rechnerisch jeder neun Minuten Redezeit. Für mich in der „phoenix runde“ am 2. September genug Zeit, wenigstens zwei Botschaften loszuwerden:
1.) Friedrich Merz …
… wird nach meiner Meinung in der CDU nichts mehr. Weder Parteivorsitzender noch Kanzlerkandidat. Warum? Weil er einen Wahlkampf nach außen und nicht nach innen betreibt. Er bringt sich sozusagen globalgalaktisch in Position. Und vergisst dabei immer wieder völlig, dass er nicht von den schlauen Menschen in der Welt, nicht von „den Wählern“, nicht von den CDU-Mitgliedern – sondern ausschließlich von den 1001 Delegierten des Wahlparteitags gewählt sind.
Das sind Menschen, die morgens um sechs Uhr aufstehen und Plakate kleben. Die bei Regen und Sturm am Wahlstand stehen und Kugelschreiber verteilen. Die hat Merz überhaupt nicht auf dem Zettel, weil sein seinem Kosmos gar nicht vorkommen. Er vergisst, wer ihn wirklich wählt.
Diese 1001 Menschen mögen so einen wie Merz nicht. Er hat hat 2002 bei der Wahl des Fraktionsvorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion gegen Angela Merkel verloren, brummelnd noch zwei Jahre den Fraktionsvize gegeben, sich immer mehr zurückgezogen und sich 2009 komplett aus der Politik verabschiedet. Er konnte die Niederlage, die in einer Demokratie immer wieder vorkommt, nie verwinden.
Wenn so einer dann nach über einem Jahrzehnt sagt, er käme eventuell zurück, aber nur als Chef – so etwas kann keiner leiden. Nicht im Verein und nicht in der CDU. Die ist nämlich menschlich betrachtet auch so etwas wie ein Verein.
Das wird nie was! Davon bin ich bis zum Beweis des Gegenteils überzeugt.
2.) Von Angela Merkel bleibt …
… unter vielem, vielem anderen auch, dass sie den Blick auf Frauen in der Politik für alle Ewigkeit komplett und irreversibel verändert hat. Ich erinnere mich noch an 1983, als Bonn noch Bundeshauptstadt war. Da zogen mit den Grünen viele weibliche Abgeordnete in den Bundestag ein. Und die alten Männer überschütteten sie mit Hohn und Spott. „Begrüßten“ sie mit ranzigen Herrenwitzen. Frauen hatten doch in der Politik eigentlich nichts zu suchen.
Nach 18 Jahren CDU-Vorsitz und bisher 15 Jahren im Amt als Kanzlerin hat Angela Merkel allen, auch den letzten Machos in der Welt bewiesen: Es ist völlig normal, dass Frauen politische Spitzenämter übernehmen. Frauen können das, und zwar schon lange und oft auch besser.
Die „phoenix runde“ am 2. September 2020:
Das Thema hieß: „Die Union ohne Merkel – Wie schaffen die das?“ Anke Plättner diskutierte mit dem Publizisten Frank A. Meyer, der CDU-Bundestagsabgeordneten Elisabeth Motschmann, der Journalistin Kerstin Münstermann (Funke Mediengruppe, die vom 1. Oktober für die „Rheinische Post“ das Hauptstadtbüro leitet). Und mit mir.